Tag eins 12.11.24 Ushgorod UA

Geschlafen habe ich wie ein Murmeltier nach dieser strapaziösen Reise. Martin und ich haben uns öfter abgewechselt. Andreas fährt nämlich nicht und auch Natalie ist zu unerfahren um dieses grosse Auto zu lenken.

Heute ist also unser erster Tag. Nach einem herrlichen Frühstück, legten wir los. Als erstes fuhren wir zu Timea, unsere örtliche Organisatorin. Sie und Ihre Familie, Ihr Mann, zwei Söhne und eine Tochter waren auch schon bei uns in der Schweiz.

Timea ist bis Mittwoch unsere Begleiterin und führt uns zu den Menschen die unsere Hilfe dringend nötig hat. Mit Ihr sind wir zum Lagerhaus gefahren. Dort hat Sie, zusammen mit Ihrem Team, die Säcke mit den Hilfsgütern bereitgestellt.

In den Säcken befinden sich Grundnahrungsmittel wie Speiseoel, Zucker, Mehl, Teigwaren, Schokolade fürs Gemüt, Zwieback, Salz usw. Diese Säcke verteilen wir dann den Familien. Zusammen mit den Kleidern und dem Geld das wir vom Hilfswerk Estherdeborah erhalten haben.

Als erste Familien stand eine Wohngemeinschaft aus drei Töchtern, einem Ehemann, der Mutter der Töchter und insgesamt sieben Kindern auf dem Programm. Sie leben zusammengepfercht in drei kleinen Zimmern. Die Wohnung ist in einem erbärmlichen Zustand. Ein Schweizer würde hier nicht einmal seine Haustiere einquartieren.

Die älteste Tochter unterhält zusammen mit Ihrem Ehemann und der Mutter die ganze Familie. Das Geld reich vorne und hinten nicht aus. Die mittlere Tochter ist geschieden, trinkt und hat vier Kinder. Sie arbeitet teilzeit und ist öfter krank. Die Jüngste ist psychisch krank und liegt nur noch aphatisch im Dunkeln im Bett. Würde sich Timeas Kirche nicht kümmern, diese Menschen wären verloren.

Als nächstes besuchten wir eine Mutter deren Sohn vor ein paar Tagen auf der Strasse aufgeschnappt und ins Militär abgeführt wurde. Die Frau ist völlig verzweifelt. Zumal der Sohn zusammen mit Ihrem oft gewalttätigen Ehemann für den Unterhalt gesorgt hat. Sie glaubt nicht daran Ihren Sohn jemals wieder zu sehen.

Leider ist das die brutale Wahrheit. Bereits haben viele Ihre Söhne, Väter, Brüder und Geliebten in diesem sinnlosen Krieg verloren. Es gibt viele Familien, die kaum mehr wissen wie Sie den nächsten Tag überleben sollen. Das war zwar schon vor dem Krieg ein Thema. Aber Heute kommt häufig noch der Verlust eines geliebten Menschen dazu.

Es gab aber auch Besuche bei Familien die die Hoffnung nicht verloren haben. Deren Söhne noch zu jung sind um eingezogen zu werden. Sie hoffen darauf, dass der Krieg endet bevor auch Sie alt genug wären. Die Menschen sind erschöpft von der pausenlosen Angst. Sie wünschen sich nur noch, dass der Krieg endlich aufhört.

Ich weis, dass ist nicht die Art wie ich normalerweise schreibe. Ich hoffe, Ihr versteht mich. Es ist aufwühlend und ich bin froh, dass ich meine Gedanken und Gefühle hier beschreiben kann. Ich danke Euch, dass Ihr mich auch hier lesend begleitet. Und ich würde es verstehen, wenn es zu viel für Euch sein sollte. Ich werde auch versuchen nicht allzu brutal mit meinen Geschichten zu sein.

Heute waren wir auch bei einer Familie mit zwei Teenies. Ihnen und Ihrer Mutter konnte ich eine grosse Freude bereiten mit den selbstgestrickten Schals, Socken und Mützen.

Eine Strickgruppe von Frauen aus der Schweiz hat mir diese Strickwaren extra für Menschen in der Ukraine übergeben. Verena, falls Du das lesen solltest, bitte übermittle ein riesen Dankeschön den Frauen von der Familie und unserem Team vor Ort. Ich habe ein Foto gemacht von der Familie.

Es ist bereits sehr kalt hier und der Strom ist fast unerschwinglich für viele Menschen. Zudem fällt er öfter aus weil die Regierung sparen muss. Putin und seine Bande von Kriegsverbrechern haben gezielt im ganzen Land die Wasser und Stromversorgung zerstört. Eines der vielen unbegreiflichen Kriegsverbrechen die Putins Armee zu verantworten haben.

Deshalb ist warme Kleidung hochwillkommen. Und diese warmen gestrickten Kleidungsstücke sind wie eine warme Kerze die die Menschen hier daran erinnern, dass es Leute gibt mit grossen Herzen die an Sie denken in all diesen schwer zu ertragenden Zeiten.

Bitte Verena sag auch das den Frauen die diese doppelt wertvollen Geschenke gestrickt haben. Es ist nicht alleine die Stricksachen die den Menschen ein wenig den Tag erhellen, es ist das Gefühl nicht alleine dazustehen. ❤️🌹

Mit diesen Gedanken möchte ich für heute schliessen. Ich bedanke mich, dass Ihr mir heute abend Eure Zeit geschenkt habt. Jetzt kann ich in Frieden schlafen.

Euer Swiss 🌹🌹🌹❤️☀️

Unterwegs mit dem Team. Ich werde morgen ein paar Fotos hochladen damit Ihr Sie kennen lernen könnt.
Etwas scheu sieht er in die Kamera. In den Händen hält er die Stricksachen.
Das ist das Verdienst der Strickfrauen

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