Klopf klopf, seid Ihr noch da? Ich habe zwei Tage Verspätung. Sorry for that! Dann lass ich den Freitag vor meinem geistigen Auge noch mal ablaufen.
Das Hotel, besser gesagt B&B wurde uns von Rogers Freundin empfohlen. Eigentlich ist die Hauptattraktion nicht das Nachtlager sondern die Gastgeberin. Sie ist eine äusserst robuste Dame im erweiterten Lebensalter. Klein drahtig und mit allen Wassern gewaschen wie man so sagt.
Auch wir hatten unsere Freude an dieser Powerfrau. Das Herz am rechten Fleck und eine erfrischende Art ihre Meinung zu sagen. Sie hat auch befunden wir könnten gut erst um halb acht losziehen damit Sie nicht vor 07:00 auf der Matte stehen müsse. Sie sagte das mit der Feststellung, wir würden fit genug aussehen um es vor elf nach Gletsch zu schaffen.
So zogen wir nach einem gutbestückten Morgenessen um punkt halb acht los. Die Sonne kam langsam über die Bergspitzen gekrochen und brachte Licht in das tiefe Obergomser Tal. Schon nach ein paar Kilometern standen wir im T Shirt da.
Von da an wurde es a. Steil und b. Warm! Eine letzte tolle Kraftanstrengung. Besonders nachdem ich mich mehrheitlich durch die Nacht gehustet hatte. Während wir uns mit der Strecke abmühten brummten auf der gegenüberliegenden Strasse gefühlt tausende Mororräder auf und ab.
Abgesehen davon, war es doch grösstenteils eine bezaubernde Landschaft die wir da durchqueren konnten. Rechts donnerte tief in der Schlucht die Rohne talwärts. Die Quelle haben wir allerdings verpasst. Wir hatten beschlossen in Gletsch den historischen Dampfzug zu besteigen und damit nach Realp zu tuckern. Es wäre ein würdiger Abschluss für unsere Wanderwoche.
Eine gute halbe Stunde vor Abfahrt des Zuges erreichten wir tatsächlich das kleine Dörfchen Gletsch. Hier endet die Grimselpass Strasse und der Furkapass beginnt. Ein Ort, den vermutlich jeder Schweizer mindestens einmal gesehen hat. Für mich war es das erste mal zu Fuss.
Den Dampfzug hörte und sah man schon von fern herannahen. Eine fette dunkle Rauchwolke war zu sehen lange bevor die stolze Lokomotive um die letzte Kurve keuchte. Eine ganze Menge Menschen standen mit ihren Kameras und Handys bereit dieses Schauspiel festzuhalten. Und dann war es soweit. Mayestätisch rollte das dampfende und zischende Ungetüm in den Bahnhof.
Nun ging das Gerangel zum Einsteigen los. Da ich tags zuvor unsere Plätze vorreserviert hatte, wähnte ich uns in Sicherheit. Was sich als Fehler herausstellen sollte! Auf unseren Plätzen sassen breit grinsend bereits eine ganze Gruppe Senioren. Und die waren absolut nicht gewillt diese wieder zu verlassen.
Also wandten wir uns draussen zu einem der Zugbegleiter und erkundigten uns nach unseren Plätzen. Die wären von einer grossen Reisegruppe besetzt und es täte ihm leid aber da könne er nichts tun. Er fragte im Wagon nach ob nicht doch noch zwei Plätze frei wären. Er erntete nur höhnisches Gelächter und einige meinten so gehe es halt wenn man einfach ohne zu reservieren mitfahren wolle.
Also führte er uns zum nächsten Wagon. Dort hatte eine ältere Dame erbarmen und bot uns zwei Plätze in Ihrem Abteil an. Dann, als ich gerade meinen Rucksack ablegte, kam ihr Herr Gemahl und bezog seinen Sitzplatz direkt neben mir. Er rempelte mich dabei an, so dass ich beinahe hingefallen wäre. Dabei schaute er mich mit der finstersten Mine an zu der er fähig war. Das konnten ja heitere zwei Stunden werden!
Kurz nach dem auch wir unsere nicht ganz freiwillig hergegebenen Plätze bezogen hatten, tauchte der Zugbegleiter wieder auf und forderte uns auf ihm zu folgen. Ziemlich überrascht und etwas besorgt gingen wir ihm nach. Natürlich wieder durch das Abteil in dem sich unsere Plätze eigentlich befanden.
Unter dem hämischen Gelächter ging es ins Gepäckabteil. Hier durften wir unsere Rucksäcke parkieren und weiter ging es ins nächste Abteil. Hier herrschte kein Gedränge und es gab sogar freie Sitzplätze! Zu diesen führte uns der gute Mann und verabschiedete sich mit einem breiten Schmunzeln ob unserer verdutzten Gesichter.
Er hatte uns zwei Plätze in der ersten Klasse zugewiesen! Da sassen wir nun wie zwei Könige und genossen die gut zweistündige Fahrt über die Furkastrecke. Ein wahrlich fürstlicher Abschluss für unsere gemeinsame Wanderung und für meine Tour über einen Teil der Via Alpina!
Nun bin ich bereits seit zwei Tagen zuhause. Ich geniesse es mich zu erholen und mit meinem Frauchen zusammen zu sein. Auch oder vielleicht weil wir so wenig Platz in unserer kleinen Wohnung haben. 😉
Es war eine gute Zeit mit vielen bleibenden Erinnerungen an besondere Menschen, Begegnungen mit der Natur und den darin lebenden Tieren. Und natürlich die schönen Momente die ich am Schluss von meinem ältesten Sohn geschenkt bekam. Oder das spontane Treffen mit Simon meinem jüngsten in Vaduz.
Ein ganz grosses Dankeschön geht natürlich an Euch, meine treuen Leser. Ohne Euch hätte ich die Motivation zu wandern und darüber zu schreiben wohl kaum gehabt. Also: ich liebe Euch alle und es war mir eine Ehre, dass Ihr mich bis hierher lesend begleitet habt. Das ❤️ und die 🌹 gilt einzig von mir für Euch.
Sollte ich gesund und leistungsfähig genug bleiben, werde ich sicher im 2023 wieder etwas verrücktes unternehmen. Oder zwischendurch 😁. Bis dahin wünsche ich Euch von Herzen alles liebe und gute.
Bis dann also
Euer Swiss 🌹❤️😘